19.-23. Juni 2019
„Hörsport“ : Sitzend auf den abgenutzten Sitzknochen, die sich auf harten hölzernen Rollsitzen quälen, hören wir die Stimme Wolfgang Paulis tönen, unter einem Weser-aufwärts ragenden Felsen:
Die Loreley, bekannt als Fee und Felsen,
ist jener Fleck am Rhein, nicht weit von Bingen,
wo früher Schiffer mit verdrehten Hälsen,
von blonden Haaren schwärmend, untergingen.
Wir wandeln uns. Die Schiffer inbegriffen.
Der Rhein ist reguliert und eingedämmt.
Die Zeit vergeht. Man stirbt nicht mehr beim Schiffen,
bloß weil ein blondes Weib sich dauernd kämmt.
Wir hören gebannt dem Vortrag zu und sehen kein Weib, weder blond noch langhaarig. Aber den Wandel kennen wir und hören:
Nichtsdestotrotz geschieht auch heutzutage
Noch manches, was der Steinzeit ähnlich sieht.
So alt ist keine deutsche Heldensage,
Dass sie nicht doch noch Helden nach sich zieht.
So ist zum Beispiel verbürgt, von neunzehnhundertdreiundsechzig,
dass die Berliner von dem dortigen Verein
zusammen mit dem Helden Wolfgang
der damals Perchermeier hieß wie heute und heftig
die Werra und die Fulda mit dem Ruderblatt (mal-)traitierte.
Die Landschaft, Bäume, Vögel, Wiesen
Waren schön wie heute.
Doch was sich vor den Wehren staute,
meterhoch, war nicht zu glauben:
keine blonden Feenhaare, auch kein Shampoo,
sondern giftig stinkender Drecks-Schaum,
der durchquert werden musste.
Nicht nur die Recken staunten ohne Maßen,
auch Skulls und Riemen litten Schaden
Und Fische gab es in der Brühe sowieso nicht mehr.
Und können wir nun heute sagen: alles gut, wir haben’s jetzt begriffen.
Der Schaum ist weg. Doch nicht das Gift.
Die Städtchen sind gepflegt und heimelig.
Wir lernen übers Fachwerk und die Stapelrechte,
die dieser Stadt zu großem Reichtum half.
Auf 130 km Wasserfahrt mit Wind bei schönem Wetter
Verliebten wir zuerst uns in die Stadt der Flüsse:
Hannoversch Münden:
Wo Werra sich und Fulda küssen,
Sie ihren Namen büßen müssen.
Und hier entsteht, durch einen Kuss
Deutsch bis zum Meer der Weser-Fluss.
( 1899, Hann.Münden, Weserstein)
Dann bestaunten wir das Porzellan in Fürstenberg,
wo sie noch heute wie vor Hunderten von Jahren
mit Kaolin und Feldspat Fürstentafeln schmücken,
doch ohne Knochenasche wie in China.
Im Kloster Corvey waren wir gefordert
Uns zu entscheiden zwischen Abt und Kaiser.
Macht ist Macht, und draußen blühn die Rosen.
Das Picknick rief mit Strake-Wurscht und
bestem Brot, das Eva uns besorgt hat.
Zum Glück ist alles trocken dank der schnellen
Boten mit dem BMW,
die uns an jedem Wegezoll empfangen mit frischem Bier.
Mal aus der Flasche, mal aus allerfeinstem Glas.
Vorausgesetzt wir hatten unsern Kahn rechtzeitig gedreht,
der feinen Strömung unseres Flusses widerstehend,
sind kennerisch dem Kehrwasser entkommen,
um dem immer allzu kleinen Steg uns zu vertrauen.
Wir waren mit den Booten in der Minderzahl, nur zwei,
und nahmen uns das Vorrecht gegenüber den Kanuten,
die wimmeld, mit den Kindern und den Müttern
das gleiche Recht für sich beanspruchten.
Nicht zu vergessen sind Genüsse, die bei der Landung
Des dritten Tages uns erwärmten.
Nicht zu vergleichen mit den langen blonden Haaren
Der schönen Loreley waren die Stücke Butterkuchen, die Wolfgang Paulis Bruderherz, der Jochen,
beim allerfeinsten Bäcker für uns mitgebracht.
Der Bäcker, der heißt Jünke, den Namen muß man sich jetzt merken.
Die Boote übrigens, die hatten auch recht nette Namen:
Der „Zugvogel“ war oft schneller und wartete recht gern auf seinen Bruder „Arminius“.
Die Mannschaft wechselte. Da gab es keine Konkurrenz.
Es hielt auch keiner an beim AKW in Würgassen.
Das soll wohl eine Gründung Karls des Großen sein.
Und funktioniert bis heute nicht. Zum Glück.
Was aber meistens funktionierte, das waren starke hohe Seile übern Fluss,
die halfen kleinen Fähren, Menschen, Autos und Getier
von einem Ufer zum anderen zu bringen.
Da musste man dann richtig gucken: passen wir noch durch
oder gilt es abzuwarten. Alles ging -zum Glück- recht gut.
Das Steuern war, mit Hilfe hilfsbereiter Obmänner, ein guter Ort,
die Muskeln zu entspannen und sonst nicht schwer.
Nachdem wir Loreley und ihren Felsen hinter uns gelassen,
nahte uns, ob wir es wollten oder nicht, ein anderer Sagenheld.
Der Münchhausen in Bodenwerder ließ uns halbwegs ruhig..
Dafür erwischte es uns dann doch kalt in Hameln. Kein Schritt ohne Ratte.
Aber sie haben etwas draus gemacht.
Die heitere Führung und das volkstümliche Szenenspiel
gingen weit hinaus über Touristengeck und Plage.
Da hatten wir den Wanderarzt aus Hann.-Münden, den Dr. Eisenbart, schon fast vergessen.
Warum nur haben sie’s dort oben so sehr mit alten Helden?
Bei uns in Bayern sind die mehr ein Original.
Aber eine echte Loreley haben auch wir nicht.
Aber die dort, nicht nur die vom Rhein.
Erst neulich machte auf der Loreley
Hoch überm Rhein ein Turner einen Handstand!
Von allen Dampfern tönte Angstgeschrei,
als er kopfüber oben auf der Wand stand.
Er stand, als ob er auf dem Barren stünde.
Mit hohlem Kreuz und lustbetonten Zügen.
Man frage nicht: was hatte er für Gründe?
Er war ein Held. Das dürfte wohl genügen.
Er stand, verkehrt, im Abendsonnenscheine.
Da trübte Wehmut seinen Turnerblick.
Er dachte an die Loreley von Heine.
Und stürzte ab. Und brach sich das Genick.
Er starb als Held. Man muss ihn nicht beweinen.
Sein Handstand war vom Schicksal überstrahlt.
Ein Augenblick mit zwei gehobenen Beinen
Ist nicht zu teuer mit dem Tod bezahlt!
P.S. Eins wäre allerdings noch nachzutragen:
Der Turner hinterließ uns Frau und Kind.
Hinwiederum, man soll sie nicht beklagen.
Weil im Bezirk der Helden und der Sagen
Die Überlebenden nicht wichtig sind.
Die Ankunft am Zielort Hameln, wo Arminius und Zugvogel zu Hause sind,
war nach dem Waschen der Boote und Räumen der Dinge ein guter Abschluss.
Mit Kaffee und Kuchen auf der Terrasse und Grüßen vom Vorstand
fühlten wir uns als willkommene Gäste und luden sie unsererseits ein.
Gestärkt und zufrieden kehrten wir heim mit dem hauseigenen Taxi,
um später gemeinsam zu speisen im Rattenfängerhaus.
Hier wurde ausgiebig gepichelt, gegessen, gelacht und erzählt.
Und alle waren zufrieden.
Wir dankten von Herzen den Organisatoren, Sönke und Horst,
die mit Umsicht und Vorsicht und Freundlichkeit alles für uns
perfekt und liebevoll gestaltet hatten. Es war eine rundum schöne Fahrt.
....
Weil im Bezirk der Helden und der Sagen
Die Überlebenden nicht wichtig sind.
Wenn Erich Kästner das so meint,
lässt sich dem schwer widersprechen.
Aber wir, als Überlebende können doch sagen,
dass nicht nur er, der olle Kästner,
sondern die schöne Loreley
und alle, die ihre Geschichte wieder beleben,
ein gutes Teil beitragen zur Freude,
die wir haben können, wenn wir durch einen deutschen Fluss fahren.
Natürlich immer an der Außenkurve entlang, um Kraft zu sparen.
Denn außen ist die Strömung am stärksten
Und wir dürfen etwas schwächer sein.
Aber Steuermann- Vorsicht! – Aalreusen!
Die sind auf der Karte verzeichnet, die der Ruderverband uns zur Verfügung stellt.
Aber zu sehen waren sie nicht.
Auf der anderen Karte, der Menükarte im Restaurant,
da sind die Aale wohl verzeichnet.
Und munden sehr, wenn man denen Glauben
schenken darf, -und die gibt’s auch unter uns-
die sie mit Appetit verzehren.
Die Einheimischen, allen voran Horst Ruhe, der aus Hameln,
erzählen darüber nichts. In seiner Jugend hat er wohl vor allem gerudert, mit Lust und Laune und Können. Die Freude daran und an seiner Stadt in der bezaubernden Landschaft hat er uns ans Herz gelegt. Wir sahen sogar sein Elternhaus. Da gehört ein kleines Denkmal hin für Horst, mit Ruderboot und Skulls.
Das war schon was und nicht mehr wie in früheren Zeiten:
Als man die Kähne treideln musste mit den Pferden,
stromaufwärts, und alles schwere Arbeit war.
Danke!
Sabine Rave (vormals:Holocher)
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